Bei der Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) werden zu viele Schilddrüsenhormone produziert. Betroffene leiden unter Zittern, Hitzegefühlen, einem schnellen Puls, hohem Blutdruck und Durchfall. Autonome Areale der Schilddrüse können für die Hormondysregulation zuständig sein, auch eine Autoimmunerkrankung kann zu den Symptomen führen. Zur Behandlung stehen operative sowie medikamentöse Methoden zur Verfügung, außerdem kann die Aktivität der Schilddrüse durch die Radiojodtherapie geschwächt werden. Hier wird erklärt, wie eine Schilddrüsenüberfunktion entstehen kann und wie sie behandelt wird.
Die Schilddrüse liegt am Hals direkt vor dem Kehlkopf, sie ist in zwei Lappen geteilt. Die Drüse bildet verschiedene Hormone, die an das Blut abgegeben werden. Gesteuert wird sie dabei von anderen Hormonen, die aus dem Gehirn, genauer dem Hypothalamus und der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) kommen. Ein wichtiges Steuerhormon aus der Hypophyse ist das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH). Die Hypophyse reagiert auf niedrige Schilddrüsenhormonwerte im Blut mit einer vermehrten TSH-Produktion. Wenn sehr viele Schilddrüsenhormone im Blut sind, gibt die Hypophyse keine zusätzlichen Produktionssignale und der TSH-Spiegel im Blut sinkt.
Die Schilddrüse beeinflusst viele verschiedene Stoffwechsel-Funktionen des Körpers. Sie ist beispielsweise für den Energiehaushalt wichtig und bestimmt, wie viel Energie verbrannt wird. Davon werden so wichtige Werte wie der Blutdruck, der Puls und die Atemfrequenz beeinflusst. Zusätzlich reguliert sie einige muskuläre Funktionen, wie die Magen-Darm-Muskulatur.
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion laufen viele Prozesse im Körper sehr viel schneller ab. Das bedeutet, dass viel Energie verbraucht wird und das Herz sehr schnell und stark schlagen kann. Betroffene leiden dann zum Beispiel unter einem hohen Blutdruck und einem schnellen Puls. Sie verlieren außerdem an Gewicht, ihnen ist heiß und sie schwitzen. Häufig berichten Personen mit Schilddrüsenüberfunktion von einer inneren Unruhe, Muskelschwäche, Schlaflosigkeit und einem Zittern der Hände. In schweren Fällen kann eine Schilddrüsenüberfunktion auch zu Unfruchtbarkeit (Infertilität) führen.
Auch andere Prozesse, zum Beispiel die Magen-Darm-Passage, verlaufen schneller als gewöhnlich. Deswegen leiden Menschen mit einer Schilddrüsenüberfunktion oft unter Durchfällen. Oft wird im Körper sehr viel Zucker freigesetzt, was zu erhöhten Blutzuckerspiegeln (Hyperglykämie) und einer gestörten Glukosetoleranz führen kann. Die meisten Patienten haben eine vergrößerte Schilddrüse (Struma).
Liegt bereits eine Schilddrüsenüberfunktion vor und wird der Betroffene dann einer großen Dosis Jod ausgesetzt (z.B. durch Medikamente, wie Amiodaron, oder Röntgenkontrastmittel), kann dies zu einer sogenannten thyreotoxischen Krise führen. Diese Ausnahmesituation erfordert meistens den Aufenthalt auf einer Intensivstation und die Betroffenen können komatös werden.
Es kann verschiedene Ursachen einer Schilddrüsenüberfunktion geben. In vielen Fällen bildet sich ein Knoten in der Drüse, der Schilddrüsenhormone produziert, ohne auf das TSH-Signal der Hypophyse zu achten. Dadurch produziert die Schilddrüse immer mehr Hormone, obwohl die Hypophyse signalisiert, dass genug Hormone im Blut sind. Man spricht dann von einer Autonomie, weil der Knoten unabhängig von Signalhormonen arbeitet. Sehr viel seltener sind Entzündungen oder bösartige Tumore der Auslöser einer Schilddrüsenüberfunktion.
Ein weiterer Grund für eine Schilddrüsenüberfunktion kann eine Autoimmunkrankheit sein, der sogenannte Morbus Basedow. Bei dieser Krankheit bildet der Körper Antikörper gegen einen bestimmten Rezeptor der Schilddrüsenzellen. So werden diese daueraktiviert, ebenfalls ohne ein Signal durch TSH. Typisch für den Morbus Basedow ist neben der Schilddrüsenüberfunktion auch eine sogenannte endokrine Orbitopathie. Das bedeutet, dass das Gewebe hinter dem Auge immer dicker wird und so den Augapfel nach vorne drückt. Dies kann soweit fortschreiten, dass es Betroffenen schwer fallen kann, die Augen zu schließen.
Seltener liegt eine Schilddrüsenüberfunktion nicht an der Drüse selbst, sondern geht auf eine vermehrte Produktion von TSH aus der Hypophyse zurück.
Der erste Schritt beim Verdacht auf eine Schilddrüsenüberfunktion, und häufig auch eine Routinemessung beim Arzt oder im Krankenhaus, ist die Ermittlung des TSH-Werts. Ist dieser Wert sehr niedrig, spricht man von einem supprimierten TSH, weil die TSH-Produktion durch die Anwesenheit sehr vieler Schilddrüsenhormone im Blut unterdrückt ist. Der TSH-Wert gibt dadurch indirekt Hinweise, wie viel Schilddrüsenhormone im Blut zu finden sind. Um Details zu erfahren, können später auch die Schilddrüsenhormone direkt bestimmt werden.
Um die Struktur der Schilddrüse genauer zu untersuchen, kann ein Ultraschall durchgeführt werden. Hier können eventuelle Knoten oder Strukturunebenheiten entdeckt werden und die Durchblutung überprüft werden. Eine Schilddrüsenszintigraphie kann zudem zeigen, ob Teile der Schilddrüse besonders aktiv sind.
Wird die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow vermutet, kann speziell nach den Autoantikörpern im Blut gesucht werden, die die Schilddrüsenzellen angreifen. Wenn die Augen von der Erkrankung schwer betroffen sind, wird manchmal eine Magnetresonanztomographie (MRT) oder eine Computertomographie (CT) durchgeführt, um den Raum hinter dem Augapfel genauer untersuchen zu können.
Für die Schilddrüsenüberfunktion gibt es verschiedene Therapieoptionen. Einige richten sich danach, welche Grunderkrankung für die Fehlfunktion verantwortlich ist. Wenn ein Knoten für die vermehrte Hormonproduktion verantwortlich ist, wird dieser häufig operativ entfernt. Ist die ganze Schilddrüse betroffen, können auch größere Teile entfernt werden, da es leichter ist, Schilddrüsenhormone notfalls als Tablette zu geben (bei einer durch die Operation ausgelösten Schilddrüsenunterfunktion), als das Zuviel an Hormonen medikamentös zu hemmen.
Neben der Chirurgie kommen auch andere Verfahren in Frage, die die besonders aktiven Teile der Schilddrüse abtöten. Zu diesem Zweck dient die Radiojodtherapie. Den Patienten wird dafür Jod gespritzt, das so verändert ist, dass es in einem sehr kleinen Radius das umgebende Gewebe schädigen kann. Da sich Jod vor allem in der Schilddrüse ansammelt, können so gezielt die aktiven Schilddrüsenareale oder auch die ganze Schilddrüse bestrahlt und damit funktionsunfähig gemacht werden.
Wenn nicht operiert werden soll, oder der Patient auf eine Operation vorbereitet werden soll, kann die Schilddrüse auch medikamentös gehemmt werden. Dafür gibt es sogenannte Thyreostatika (z.B. Thiamazol, Propylthiouracil und Carbimazol). Sie wirken etwa ab einer Woche nach der ersten Einnahme. Schneller hingegen wirkt Natriumperchlorat, da es die Aufnahme von Jod in die Schilddrüse verhindert. Der Betablocker Propranolol kann zur Senkung der Herzfrequenz genutzt werden und hat gleichzeitig eine hemmende Wirkung auf die Schilddrüsenhormone.
Für die endokrine Orbitopathie gilt eine spezielle Anweisung zur Behandlung: Die Symptome gehen fast immer zurück, wenn die Patienten das Rauchen einstellen.
Von: A. Gottschalk: Schilddrüse. In: Frank Wappler, Hartmut Bürkle, Peter Tonner (Hrsg.): Anästhesie und Begleiterkrankungen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2011, S. 219ff.
Von: J. Römmler, M. Reincke: Neues aus der Endokrinologie. Bayrisches Ärzteblatt, 2010. 5. S. 224-226. Online unter http://www.blaek.de/presse/aerzteblatt/2010/BAB_0510_224_230.pdf, aufgerufen am 25.01.2016
Von: R. Hörmann: Schilddrüsenkrankheiten. Leitfaden für Klinik und Praxis. ABW Wissenschaftsverlag, Berlin, 2005. S. 86ff.
Von: R. Paschke et al.: Therapie der uni- oder multifokalen Schilddrüsenautonomie. Deutsches Ärzteblatt, 2000. 97(21): A-1463 / B-1245 / C-1168. Online unter http://www.aerzteblatt.de/archiv/23121, abgerufen am 25.01.2016
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Schilddrüsenüberfunktion. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.