Sie sind hier: Gesundheitslexikon > Arztrechnung


Kostenerstattungsprinzip für Privatpatienten: Für Arztrechnung in Vorkasse gehen, Versicherer erstattet Kosten




Während die medizinische Versorgung gesetzlich versicherter Patienten in der Regel direkt mit den Krankenkassen abgerechnet wird, müssen Privatpatienten ihre Arztrechnungen selbst begleichen und dann einreichen. Man nennt dieses Vorgehen Kostenerstattungsprinzip. Der Privatpatient geht für seine Leistungen in Vorkasse und erhält das Geld von seinem Versicherer zurück. Aber was passiert, wenn auf der Arztrechnung Leistungen vermerkt sind, die überhaupt nicht erbracht wurden? Für Patienten gibt es aufgrund der Unübersichtlichkeit der ärztlichen Gebührenordnung nur wenige Möglichkeiten, ihre Arztrechnungen selbst auf Fehler hin zu überprüfen. Die Landesärztekammern oder der jeweilige Versicherer sind die besten Ansprechpartner, wenn ein Betrugsverdacht vorliegt.


Was ist das Kostenerstattungsprinzip?


Das Kostenerstattungsprinzip ist ein Verfahren privater Versicherer, medizinische Leistungen abzurechnen. Nach einem Arztbesuch erhält der Versicherte eine Rechnung. Entweder wird diese ihm persönlich in der Praxis ausgehändigt oder, wie in den meisten Fällen, postalisch zugestellt. In der Regel wird ihm eine Frist von drei Wochen gesetzt, um die Rechnung zu begleichen. Er bezahlt die Behandlung also zunächst von seinem eigenen Geld. Die Rechnung wird gleichzeitig beim privaten Versicherer eingereicht, der dann, je nach Tarif, die Kosten ganz oder teilweise erstattet. Beim Erwerb verschreibungspflichtiger Medikamente funktioniert das Verfahren ähnlich: Der Arzt stellt ein Privatrezept aus, das den Patienten zum Kauf des Medikaments in einer Apotheke berechtigt. Die Nachweise über den Kauf und die Verschreibung gehen dann an die Versicherung, die dem Versicherten die entstandenen Kosten erstattet.


So geht’s einfacher und schneller


Für Ärzte bringt das Kostenerstattungsprinzip viele Vorteile. Während häufig bis zu drei Monate vergehen, bis gesetzliche Versicherer Rechnungen beglichen haben, müssen Privatpatienten sich an die vom Arzt gesetzten Fristen halten. Darüber hinaus dürfen Ärzte bei der Behandlung von Privatpatienten die privatärztliche Gebührenordnung zur Abrechnung nutzen. Die gleichen Leistungen, die auch in der normalen Gebührenordnung enthalten sind, werden dort mit wesentlich höheren Beträgen beziffert.


Müssen Privatpatienten grundsätzlich in Vorkasse gehen?


Für Privatpatienten gilt grundsätzlich die oben beschriebene Vorgehensweise. Falls es aber einem Patienten aus finanziellen Gründen nicht möglich sein sollte, in Vorkasse zu gehen, gibt es Ausnahmeregelungen und Schlupflöcher. Wird eine Rechnung beim Versicherer eingereicht, sollte dieser die Kosten innerhalb von zwei Wochen erstatten. Die übliche Zahlungsfrist für eine Arztrechnung beläuft sich aber auf drei Wochen, sodass bei sofortigem Einreichen der Rechnung der Betrag im besten Fall schon auf dem Konto des Patienten eingegangen ist, bevor er beim Arzt fällig wird. Mit vielen Ärzten lassen sich außerdem verlängerte Fristen vereinbaren. Auch wenn die Rechnung dann später als üblich beglichen wird, können noch immer die in der privatärztlichen Gebührenordnung festgelegten höheren Beträge abgerechnet werden. Chronisch kranke Patienten, die häufig auf teure Medikamente angewiesen sind, können wiederum bei ihrem Versicherer anfragen, ob es möglich ist, die Abrechnung direkt mit der Apotheke vorzunehmen. Kulanzregelungen sind grundsätzlich immer möglich.


Bei stationären Aufenthalten müssen Privatpatienten übrigens grundsätzlich nicht in Vorkasse gehen. Nur die Wahlleistungen wie beispielsweise die Chefarztbehandlung wird direkt mit dem Patienten abgerechnet.


Gibt es das Kostenerstattungsprinzip auch für gesetzlich Versicherte?


Ja, seit 2004 können alle gesetzlich versicherten Patienten – und nicht wie zuvor nur freiwillig gesetzlich Versicherte – in einen Kostenerstattungstarif wechseln. Die betreffenden Versicherten genießen dann alle Vorteile einer privaten Versicherung, zahlen aber wesentlich geringere Beiträge. Ärzte dürfen bei diesen Patienten ebenfalls die privatärztliche Gebührenordnung zur Anwendung bringen. Das Kostenerstattungsprinzip wird allerdings bisher von gesetzlich Versicherten kaum genutzt. Die GKV erstattet nämlich auch diesen Versicherten nur diejenigen Kosten, die bei Anwendung des Sachleistungsprinzips – also der üblichen Abrechnungsform gesetzlicher Versicherungen – angefallen wären. Die Differenz muss der Patient selbst übernehmen. Entscheidet sich ein Versicherter für einen Kostenerstattungstarif, ist diese Entscheidung für drei Monate bindend; danach darf er auf Wunsch wieder in einen Sachleistungstarif wechseln.


Welche Angaben dürfen auf einer Arztrechnung nicht fehlen?


Eine Arztrechnung muss für den Patienten und den Versicherer nachvollziehbar Angaben zur Behandlung, Diagnose und zu den erbrachten Leistungen enthalten. Die „Gebührenordnung für Ärzte“ (GOÄ) (§12, Absatz 2) schreibt vor, wie eine solche Rechnung aussehen muss und welche Informationen darauf nicht fehlen dürfen. Dazu gehören:


  • Das Datum der Leistungserbringung
  • Die Nummer und Bezeichnung der jeweiligen Leistung, außerdem die Mindestdauer, der fällige Betrag und eventuell der Steigerungssatz (bei erhöhtem Zeit- oder Behandlungsaufwand)
  • Bei vollstationären, teilstationären, vor- oder nachstationären Leistungen: der Minderungssatz (in der Regel 25 %)
  • Bei Entschädigungen (Wegegeld für Hausbesuche oder Reisekosten): Art der Entschädigung, Berechnung und Betrag
  • Bei Auslagenersatz: Art der Auslage und Betrag; ein Beleg muss beigefügt werden, wenn eine einzelne Auslage 26,56 Euro übersteigt

Bei besonders hohen Gebührensätzen sind Ärzte verpflichtet, eine schriftliche, nachvollziehbare und sich jeweils auf die konkrete Einzelleistung beziehende Begründung vorzulegen. Diese Begründung muss nicht nur für die Kassen verständlich formuliert werden; der Arzt muss dem Patienten auf Nachfrage erläutern, warum er einen bestimmten Steigerungssatz für angemessen hält.


Welche Möglichkeiten gibt es, eine Arztrechnung selbst zu überprüfen?

Sowohl Versicherer als auch Verbraucherzentralen und die Landesärztekammern äußern schon seit längerer Zeit den Verdacht, dass Falschabrechnungen und sogar Abrechnungsbetrug bei den meisten Arztpraxen auf der Tagesordnung stehen. Deshalb sind Privatpatienten dazu angehalten, ihre Rechnungen selbst auf deren Korrektheit zu überprüfen. Das ist aber in den meisten Fällen gar nicht so einfach. Während zwar festgestellt werden kann, ob alle Leistungen auf der Rechnung auch tatsächlich erbracht wurden, haben Laien kaum die Chance zu beurteilen, ob alle Regeln der ärztlichen beziehungsweise privatärztlichen Gebührenordnung befolgt worden sind. Patienten haben das Recht, sich jederzeit bei ihrem Arzt nach dem Zustandekommen der Rechnung zu erkundigen. So ein Gespräch kann im Zweifel viele Unklarheiten ausräumen und sollte deshalb immer die erste Maßnahme sein, wenn ein Verdacht auf Abrechnungsbetrug besteht. Es gibt darüber hinaus die Möglichkeit, Rechnungen online überprüfen zu lassen. Unter https://www.derprivatpatient.de/arzt/arztrechnung_pruefen können die auf der Rechnung befindlichen Daten manuell eingetragen werden. Es kann aber auch ein Scan des Dokuments hochgeladen werden. Außerdem bieten einige der zuständigen Landesärztekammern die Erstellung von Gutachten an. Selbstverständlich besteht immer die Möglichkeit, sich mit einem Verdacht direkt an den Versicherer zu wenden. Falschabrechnungen als solche zu entlarven, ist auch in seinem Interesse.


Falschabrechnung – Was nun?

Der Verdacht auf eine Falschabrechnung sollte immer beim Versicherer und eventuell bei der zuständigen Landesärztekammer gemeldet werden. Allerdings tun sich sowohl Patienten als auch Versicherer häufig schwer damit, einen solchen Verdacht auch entsprechend zu ahnden. Für den Versicherer ist das eine Kosten-Nutzen-Kalkulation: Rechnungsbeträge unter 100,00 Euro lohnen den Aufwand, den ein Rechtsstreit verursacht, aus ökonomischen Gründen nicht. Patienten wiederum verscherzen es sich nur ungern mit ihren behandelnden Ärzten, zu denen sie immerhin ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben. Im Zweifel muss in der Folge ein Arztwechsel in Kauf genommen werden. Wird der Abrechnungsbetrug gemeldet, müssen Ärzte mit einer Strafanzeige und zukünftigen Plausibilitätskontrollen rechnen.


Quellen

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, „Gebührenordnung für Ärzte“: http://www.gesetze-im-internet.de/go__1982/ (aufgerufen am 01.03.2017)


Bundeszentrale für politische Bildung, „Kostenerstattungsprinzip“: http://www.bpb.de/politik/innenpolitik/gesundheitspolitik/169799/kostenerstattungsprinzip (aufgerufen am 01.03.2017)


Hübner, M., „Pflichtangaben auf einer Arztrechnung“: https://www.aerzteblatt.de/archiv/77643/Pflichtangaben-auf-einer-Arztrechnung (aufgerufen am 01.03.2017)

Verbraucherzentrale, „Überhöhte Rechnung beim Arzt? So wehren Sie sich“: https://www.verbraucherzentrale.de/ueberhoehte-rechnung-beim-arzt-so-wehren-sie-sich (aufgerufen am 01.03.2017)




Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Arztrechnung. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.

Sie möchten diesen Beitrag zum Thema „Arztrechnung“ bei Twitter oder Xing teilen? Beachten Sie bitte: Wenn Sie diese Buttons anklicken, willigen Sie ein, dass Ihre Daten an die jeweiligen sozialen Netzwerke übertragen und ggf. dort gespeichert werden. Näheres erfahren Sie unter „i“.