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Wirksamkeit wiegt hohen Nebenwirkungen nicht auf: BCG-Impfung seit 1998 nicht mehr von STIKO empfohlen




Die BCG Impfung ist eine am Anfang des 20. Jahrhunderts von zwei französischen Forschen entwickelte Schutzimpfung gegen Tuberkulose. Obwohl die BCG Impfung zu den weltweit verbreitetsten Impfungen zählt, wird der Impfstoff heute aufgrund seiner geringen Wirksamkeit und erheblicher Nebenwirkungen in Deutschland kaum noch verwendet. Die einzige Indikation für die Impfung ist ein längerer Aufenthalt in einem Gebiet mit hoher Tuberkulose-Durchseuchungsrate.


Was ist die BCG Impfung?


Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten zwei französische Forscher, Albert Calmette und Camille Guérin, ein Veterinärmediziner und ein Mikrobiologe, einen Lebendimpfstoff gegen Tuberkulose. Tuberkulose ist eine weltweit sehr verbreitete und mitunter tödliche Infektionskrankheit, die durch bestimmte Mykobakterien verursacht wird. Dazu gehören das Mycobacterium tuberculosis, das Mycobacterium bovis, das Mycobacterium africanum und das Mycobacterium microti. Nur bei 15 bis 20 Prozent aller Infizierten bricht die Erkrankung aus. Sie ist durch Tröpfcheninfektion übertragbar und kann die Lunge, aber auch diverse andere Organe befallen. Aus dem Mycobacterium bovis züchteten Guérin und Calmette einen abgeschwächten Erreger, ein sogenanntes attenuiertes Bakterium, das als Grundlage eines Lebendimpfstoffes dienen sollte. Sie nannten ihre Züchtung Bacille Calmette-Guérin – BCG. 1928 kam der Impfstoff abschließend auf den Markt. 1930 allerdings kam es zu einem Zwischenfall, der als Lübecker Impfunglück in die Geschichte einging. 77 Säuglinge starben an einer falsch verarbeiteten und daher stark virulenten Impfstoff-Charge. Aufgrund dieses bedauerlichen Unglücks dauerte es bis nach dem Zweiten Weltkrieg, bis die Skepsis der Bevölkerung gegenüber der BCG Impfung abgeklungen war. Noch heute wird der Impfstoff in Tuberkulose-Risikogebieten verwendet. Die Impfung wird unter die Haut (intradermal) injiziert.


Wie wirksam ist die BCG Impfung?


Die Wirksamkeit der BCG Impfung ist umstritten. Obwohl der Impfstoff inzwischen seit mehr als 70 Jahren weltweit erhältlich ist, konnte die Ausbreitung von Tuberkulose nicht signifikant eingedämmt werden. Kinder profitieren jedoch unter bestimmten Umständen von einer BCG Impfung. Sie verhindert zumindest schwere Verlaufsformen der Tuberkulose, etwa eine tuberkulöse Meningitis (Hirnhautentzündung) oder eine Miliartuberkulose, das heißt, eine Ausbreitung der Erkrankung im ganzen Körper. Bei Erwachsenen bietet der Impfstoff Studien zufolge kaum noch einen nennenswerten Schutz gegen die Infektion. Vor allem in den Tropen und Subtropen ist die BCG Impfung nahezu nutzlos. Die dort ansässige Bevölkerung kommt aufgrund der hygienischen Bedingungen meist schon früh mit Mykobakterien in Kontakt und entwickelt, ein intaktes Immunsystem vorausgesetzt, daraufhin einen Schutz gegen die Erkrankung. Das im Impfstoff enthaltene abgeschwächte Bakterium wird sofort nach der Injektion vom körpereigenen Abwehrsystem bekämpft, ohne seine Wirkung entfalten zu können. Der „natürliche Schutz“ der tropischen und subtropischen Bevölkerung aber entspricht in etwa der Wirksamkeit der Impfung. Seit einigen Jahren versuchen Forscher die Wirksamkeit des Impfstoffes zu verbessern.


Gibt es Nebenwirkungen?


Bei Lebendimpfungen ist meist mit unangenehmen Impfreaktionen wie zum Beispiel Schmerzen an der Einstichstelle oder einer Schwellung der lokalen Lymphknoten zu rechnen. Zahlreiche Nebenwirkungen der von Guérin und Calmette entwickelten Tuberkulose-Impfung sind darüber hinaus bekannt. Wird der Impfstoff korrekt appliziert, bildet sich an der Einstichstelle ein kleines Geschwür, auf dessen Grund ein käsiger Belag zu erkennen ist. Im Geschwür ist das abgeschwächte Tuberkulosebakterium nachweisbar. Nach der Abheilung bleibt eine charakteristische kreisförmige Narbe zurück. Wird der Impfstoff allerdings Personen mit geschwächter Immunabwehr wie AIDS-Patienten oder älteren Menschen verabreicht, kann es zu größeren Geschwüren, zum Einschmelzen der Lymphknoten – das bedeutet, dass sich eitrige Abszesse bilden – und im schlimmsten Fall sogar zum Ausbruch einer lebensgefährlichen Meningitis kommen. Eine weitere bekannte und in einigen Fällen tödlich verlaufende Nebenwirkung ist die sogenannte BCG-Erkrankung, die man auch BCGitis nennt. Dabei handelt es sich um eine der Tuberkulose ähnliche Krankheit.


Wird die BCG Impfung von der STIKO empfohlen?

Seit 1998 wird die BCG Impfung von der STIKO (Ständige Impfkommission) nicht mehr empfohlen. Die geringe Wirksamkeit des Impfstoffs wiegt die hohen Nebenwirkungen nicht auf. Davon abgesehen ist die Verbreitungsrate der Tuberkulose in Deutschland gering, auch wenn durch die Flüchtlingswelle seit 2013 die Infektionsrate im Land leicht angestiegen ist. Der Impfstoff ist international dennoch erhältlich. Weil aber die BCG-Impfung nicht von der STIKO empfohlen wird, besteht in den meisten Bundesländern kein Versorgungsanspruch, falls Impfschäden oder gravierende Nebenwirkungen auftreten.


Gibt es trotzdem Indikationen für die BCG Impfung?

In einigen Ländern ist eine BCG Impfung Bedingung für das Besuchen bestimmter Institutionen wie Schulen oder Universitäten oder aber für einen längeren Aufenthalt im Land. Aus medizinischer Sicht ist die einzige Indikation für eine BCG Impfung ein längerer Aufenthalt eines Säuglings oder Kleinkindes in einem Tuberkulose-Risikogebiet, allerdings nur dann, wenn das Kind dort dauerhaft mit schlechten hygienischen Bedingungen konfrontiert sein wird und demnach ein erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht. Bestenfalls erfolgt die erste BCG Impfung im Säuglingsalter. Sie sollte dann zwischen dem 16. und dem 18. Lebensmonat aufgefrischt werden.


Quellen

Anderson, P., Doherty, T. M. (2005). The success and failure of BCG — implications for a novel tuberculosis vaccine. In: In: Nature reviews. Microbiology. Bd. 3, Nr. 8. http://www.nature.com/nrmicro/journal/v3/n8/full/nrmicro1211.html (aufgerufen am 17.01.2017)


Haefliger, E. (Hrsg.) (1966). Bedeutung und Stand der BCG Schutzimpfung gegen die Tuberkulose, Springer Verlag.


Robert Koch Institut (2006). BCGitis nach Immuntherapie eines Blasenkarzinoms“. In: Epidemiologisches Bulletin, 5. Mail 2006, Nr. 8. Link: http://edoc.rki.de/documents/rki_fv/rebX9rKkzYgIQ/PDF/28ciCTtryaqe4VRw.pdf (aufgerufen am 17.01.2017


Robert Koch Institut, „Tuberkulose-Impfung in Deutschland? Welche Möglichkeiten gibt es, wenn die Impfung für einen Auslandsaufenthalt gefordert wird?“, http://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Tuberkulose/FAQ01.html (aufgerufen am 17.01.2017)




Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema BCG-Impfung. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.

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