In Deutschland ist jeder körperlich, geistig oder psychisch beeinträchtigte Mensch mit einem Grad der Behinderung ab 50 berechtigt, einen Schwerbehindertenausweis bei sich zu tragen. Der Ausweis dient als Nachweis der Beeinträchtigung und damit als Voraussetzung für die Inanspruchnahme bestimmter Rechte oder Nachteilsausgleiche. Doch nicht jeder Ausweis ist gleich. Einige Beeinträchtigungen berechtigen zu einem Ausweis mit einem sogenannten Merkzeichen. Jedes Merkzeichen ist mit anderen Nachteilsausgleichen und Vergünstigungen verbunden.
Der Schwerbehindertenausweis ist ein Dokument zum Nachweis des Behinderungsgrades eines schwerbehinderten Menschen. Dieses Dokument soll aber nicht zu einer Stigmatisierung von körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen beitragen, sondern soll Menschen mit einer schweren Behinderung dazu befähigen, den ihnen per Gesetz zustehenden Nachteilsausgleich in Anspruch zu nehmen. Je nach Art und Grad der Behinderung steht diesen Menschen zum Beispiel unentgeltliche Beförderung mit dem Personennahverkehr, ein Kündigungsschutz oder eine Befreiung von den Rundfunkgebühren oder bestimmten Steuern zu. Es gibt in Deutschland keine Pflicht, bei einem Grad der Behinderung ab 50 einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen und diesen ständig bei sich zu tragen.
Auf der Vorderseite des Schwerbehindertenausweises ist der Name des Inhabers vermerkt; daneben befindet sich sein Lichtbild. Das Foto dient dem Schutz vor Diebstahl und dem Identitätsnachweis des Eigentümers. Außerdem ist dort das Geschäftszeichen des ausstellenden Versorgungsamtes nachzulesen und schließlich ist direkt neben dem Lichtbild ein Merkzeichen abgedruckt, falls der Inhaber die Kriterien für eines dieser Zeichen erfüllt. Auf der Rückseite des Ausweises ist der Grad der Behinderung in Zehnerschritten von 50 bis 100 vermerkt. Dort findet sich auch das Geburtsdatum des Eigentümers, Informationen über die ausstellende Behörde und das Ablaufdatum, falls der Ausweis nicht unbefristet gültig ist. Auf manchen Ausweisen ist auf der Rückseite außerdem die sogenannte Historie notiert, die darüber Auskunft gibt, wann welcher Schweregrad welcher Beeinträchtigung festgestellt wurde.
Der Schwerbehindertenausweis ist üblicherweise grün. Die Merkzeichen „aG“, „Bl“, „G“, „Gl“ und „H“ berechtigen aber zu einem Ausweis mit orangefarbenen Flächendruck. Der Flächendruck ermöglicht die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr. Um diesen Nachteilsausgleich in Anspruch zu nehmen, ist allerdings eine Wertmarke vonnöten, die auf einem zum Ausweis dazugehörigen Beiblatt aufgeklebt wird. Das Beiblatt wird auch beim Antrag auf eine Vergünstigung der Kraftfahrzeugsteuer benötigt.
Auf einem Schwerbehindertenausweis können, falls der Antragsteller bestimmte Kriterien erfüllt, verschiedene Merkzeichen zu besonderen Vergünstigungen und Nachteilsausgleichen berechtigen. In der folgenden Übersicht sind alle wichtigen Informationen zu Definition und Bedeutung der Merkzeichen zusammengefasst:
Merkzeichen | Definition | Nachteilsausgleich |
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G | „erhebliche Gehbehinderung“: Wer aufgrund körperlicher, geistiger oder psychischer Beeinträchtigung keine ortsüblichen Strecken ohne fremde Hilfe und ohne sich selbst oder andere in Gefahr zu bringen zu Fuß zurücklegen kann, erhält dieses Merkzeichen. Als ortsübliche Strecke gilt ein Weg von etwa zwei Kilometern. |
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aG | „außergewöhnliche Gehbehinderung“: Wer sich nur mit fremder Hilfe oder nur unter großer Anstrengung außerhalb eines Kraftfahrzeuges bewegen kann, erhält dieses Merkzeichen. Dazu zählen zum Beispiel querschnittsgelähmte und doppelober- oder doppelunterschenkelamputierte Menschen, aber auch solche mit schwerwiegenden Herzkreislaufschäden. |
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H | „Hilflos“: Wer ohne fremde Hilfe nicht in der Lage ist, seine alltäglichen Verrichtungen und Besorgungen selbst zu erledigen, erhält dieses Merkzeichen. Die Kriterien erfüllt, wer mindestens zwei Stunden täglich fremder Hilfe bedarf. Dazu zählen zum Beispiel Menschen, die an Autismus leiden oder hochgradig sehbehinderte Menschen. |
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Bl | „Blind“: Wer vollständig erblindet ist oder wessen Sehschärfe auf beiden Augen auf 1/50 abgesunken ist, erhält dieses Merkzeichen. |
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Gl | „Gehörlos“: Wer auf beiden Ohren vollständig taub oder nahezu gehörlos ist, erhält dieses Merkzeichen. |
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B | „Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson“: Wer Hilfe bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel benötigt, sei es beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt, erhält dieses Merkzeichen. Personen mit dem Merkzeichen B sind immer Personen, die aufgrund ihrer Behinderung zur unentgeltlichen Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs berechtigt sind. |
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RF | „Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht“: Wer aufgrund seiner Behinderung nicht fähig ist, an öffentlichen Veranstaltungen nicht teilnehmen kann, wer aufgrund seiner Hörschädigung einen Grad der Behinderung von mindestens 50 nachweisen kann oder wer an einer Sehbehinderung mit einem Grad der Behinderung von mindestens 60 leidet, erhält dieses Merkzeichen. |
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1. Kl. | „1. Klasse“ |
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kriegsgeschädigt | Wer durch Kriegsverletzungen einen Grad der Behinderung von mindestens 50 nachweisen kann und wessen Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent reduziert ist, erhält dieses Merkzeichen. |
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VB | „Versorgungsberechtigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz“: Wer aufgrund seiner Beeinträchtigung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 Prozent nachweisen kann, erhält dieses Merkzeichen. |
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EB | „Entschädigungsberechtigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz“: Wer einen Grad der Behinderung von mindestens 50 nachweisen kann und Opfer nationalsozialistischer Verfolgung ist, erhält dieses Merkzeichen. |
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Der Nachweis einer schweren Behinderung ist auch ohne Merkzeichen eine wertvolle Hilfe im Alltag. So bieten viele Institutionen Preisnachlässe, günstigere Eintrittsgelder oder andere Vergünstigungen für behinderte Menschen. Auch steuerlich hat der Nachweis der Beeinträchtigung Auswirkungen. Je nach Grad der Behinderung können beeinträchtigte Menschen einen sogenannten Pauschbetrag von 310 bis zu 1.420 Euro* jährlich geltend machen.
Das Parken auf Behindertenparkplätzen ist nur in Kombination mit einem blauen EU-Parkausweis für behinderte Menschen möglich. Die Voraussetzung zur Beantragung dieses Parkausweises ist ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „aG“ oder „Bl“. Seit 2009 dürfen auch Contergangeschädigte den Parkausweis beantragen. Neben der Parkerlaubnis für Behindertenparkplätze bietet dieses Dokument weitere Vorteile wie zum Beispiel die Parkerlaubnis im eingeschränkten Halteverbot für mindestens drei Stunden oder die Erlaubnis, die zugelassene Parkdauer in bestimmten Parkzonen zu überschreiten.
Eine sogenannte Parkerleichterung steht aber auch unter bestimmten Umständen Menschen mit den Merkzeichen „G“ und „B“ zu, nämlich:
Der orangefarbene Parkausweis, den diese Menschen erhalten, berechtigt zwar nicht zum Parken auf Behindertenparkplätzen, dafür aber zu ähnlichen Parkerleichterungen wie der blaue EU-Ausweis.
* (Pauschbeträge gültig bis zum Veranlagungszeitraum 2020. Ab dem Veranlagungszeitraum 2021 erhöhen sich die Pauschbeträge deutlich.)
Berlin Landesamt für Gesundheit und Soziales, „Die Merkzeichen und ihre gesundheitlichen Voraussetzungen“: https://www.berlin.de/lageso/behinderung/schwerbehinderung-versorgungsamt/merkzeichen/ (aufgerufen am 26.01.2017)
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, „Schwerbehindertenausweisverordnung“: http://www.gesetze-im-internet.de/schwbawv/index.html (aufgerufen am 26.01.2017)
Sozialverband VdK Deutschland, „Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis“: http://www.vdk.de/deutschland/pages/themen/teilhabe_und_behinderung/12733/der_schwerbehindertenausweis_merkzeichen (aufgerufen am 26.01.2017)
Sozialverband VdK Deutschland, „Parkerleichterung und Sonderparkausweis für Schwerbehinderte Menschen“: http://www.vdk.de/deutschland/pages/themen/teilhabe_und_behinderung/9229/behindertenparkplaetze (aufgerufen am 26.01.2017)
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Schwerbehindertenausweis Merkzeichen. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.