Der Implantatausweis oder Implantatpass ist ein Dokument, das jedem Patienten, dem ein Implantat eingesetzt wurde, von der entsprechenden Klinik oder Einrichtung ausgehändigt wird. Der Ausweis enthält wichtige Informationen über das Implantat, die besonders im Fall einer Rückrufaktion, wenn das Implantat fehlerhaft oder beschädigt ist, relevant sein können. Gibt es Probleme mit dem Implantat, kann dank des Implantatausweises auch ein Arzt, der mit der Krankengeschichte des Patienten bisher nicht vertraut gewesen ist, entsprechende Maßnahmen ergreifen. Gerade im Ausland und auf Reisen lohnt es sich, das Dokument bei sich zu tragen, um alle wichtigen Informationen stets zur Hand zu haben.
Das medizinische Fachwort „Implantat“ leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet soviel wie „hineinpflanzen“. Als Implantat bezeichnet man ein meist zu medizinischen Zwecken in den Körper eingesetztes künstliches Material, das für einen längeren Zeitraum oder sogar bis zum Tod des Implantatträgers dort verbleien soll. Ein Transplantat dagegen besteht aus organischem Material. In vielen Fachbereichen der Medizin wird im Augenblick an Techniken und Verfahren geforscht, mithilfe derer organische Transplantate in Zukunft durch künstliche Implantate ersetzt werden können, sodass Menschen, die auf ein Spenderorgan angewiesen sind, bald keine langen Wartezeiten mehr überbrücken müssen und so bessere Überlebenschancen haben. 2010 beispielsweise präsentierten Forscher der University of California in San Francisco eine künstliche Niere, die zukünftig die Dialyse ersetzen soll und die wie ein Nierentransplantat in den Körper eingesetzt werden kann.
Man unterscheidet zwischen medizinischen, funktionellen und plastischen Implantaten. Medizinische Implantate wie zum Beispiel ein Herzschrittmacher oder eine Gefäßprothese sollen Körperfunktionen unterstützen oder ersetzen. Funktionelle Implantate dagegen, meist elektronische Chips, die unter die Haut verpflanzt werden, dienen der Überwachung von Menschen oder Tieren. Plastische Implantate wiederum ersetzen beschädigte oder vergrößern vorhandene Körperteile. Das populärste Beispiel für ein plastisches Implantat ist das Brustimplantat.
Der Implantatausweis wird für alle implantierten Patienten von der jeweiligen Klinik oder Einrichtung, in der die Implantation durchgeführt wurde, ausgestellt. Wer bereits ein Implantat besitzt, aber keinen Ausweis erhalten hat, sollte sich, auch wenn der Eingriff länger zurückliegt, bei der ausführenden Klinik melden und im Nachhinein um einen Ausweis bitten. Auf dem Ausweis sind der Name des Patienten, Bezeichnung, Art, Typ und Lesecode oder Seriennummer des Implantats, der Hersteller, das Datum der Implantation und Informationen zum verantwortlichen Arzt und der Einrichtung vermerkt.
Der Ausweis dient vor allem dazu, dass Patienten bei Problemen mit ihrem Implantat jederzeit alle Informationen zur Verfügung haben, die ein Arzt benötigt, um die Probleme zu beheben oder schlimmstenfalls zu entscheiden, dass das Implantat ausgewechselt werden muss. Vor allem bei Rückrufaktionen, wenn Fehler bereits im Herstellungsprozess unterlaufen sind, ist der Implantatausweis eine große Hilfe. Patienten können notfalls selbst überprüfen, ob sie von einer fehlerhaften Produktcharge betroffen sind. Aber auch im Ausland und auf Reisen ist der Implantatausweis nützlich, beispielsweise dann, wenn am Flughafen der Metalldetektor anschlägt. Nach Vorlage des Ausweises ist das Flughafenpersonal über die Quelle der Störung informiert und die Reise kann angetreten werden.
Im Jahr 2014 wurde in Deutschland die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) geändert. Dort ist nun im § 10 nachzulesen, dass jede implantierende Einrichtung verpflichtet ist, implantierten Patienten einen Implantatausweis mit allen obenstehenden Angaben auszustellen. Der Patient muss außerdem mit allen sicherheitsrelevanten Informationen versorgt und über Instandhaltung und Handhabung seines Implantats aufgeklärt werden. Einrichtungen und medizinisches Personal, die sich nicht an diese Verordnung halten, verstoßen gegen das Gesetz. Die veränderte MPBetreibV ist am 01. Oktober 2015 in Kraft getreten. Seitdem haben Patienten mit folgenden Implantaten Anspruch auf einen Ausweis:
Für alle anderen Implantate, zum Beispiel für Zahnimplantate, muss der Ausweis nicht verpflichtend ausgestellt werden. Patienten können dennoch den implantierenden Arzt darum bitten.
Anlass für die Gesetzesänderung war der Skandal, den das französische Unternehmen Poly Implant Prothèse (PIP) im Jahr 2011 auslöste. Das Unternehmen hatte Brustimplantate aus billigem, potentiell gesundheitsschädigendem Industriesilikon hergestellt und 20 Jahre lang an implantierende Kliniken ausgeliefert. Weltweit waren etwa 400.000 Frauen betroffen. Einige der Brustimplantate rissen in den ersten Jahren auf, bei anderen Patientinnen kam es in der Folge der Implantation zu Brustkrebs, wobei nicht zweifelsfrei erwiesen ist, dass dabei ein Zusammenhang mit dem verwendeten Material bestand. Die Schuldigen wurden zu vier Jahren Haft verurteilt. Die neue Gesetzgebung soll in Zukunft dafür sorgen, dass von einer Rückrufaktion betroffene Patienten innerhalb von drei Tagen informiert werden können und darüber hinaus in die Lage versetzt werden, in einer solchen Situation selbst zu überprüfen, ob sie ein beschädigtes Implantat in sich tragen.
Ärzteblatt, „Implantatausweis ab 1. Oktober 2015 Pflicht“: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/64251/Implantatpass-ab-1-Oktober-2015-Pflicht (aufgerufen am 21.04.2017)
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, „Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten“: https://www.gesetze-im-internet.de/mpbetreibv/ (aufgerufen am 21.04.2017)
School of pharmacy, University of California, San Francisco, „Roy unveils model of bioartificial kidney“: https://pharmacy.ucsf.edu/news/2010/09/roy-unveils-model-bioartificial-kidney (aufgerufen am 21.04.2017)
Techniker Krankenkasse, „Implantatausweis“: https://www.tk.de/tk/b/behandlungsfehler/implantatausweis/463530 (aufgerufen am 21.04.2017)
Zeit Online, „Vier Jahre Haft für Brustimplantate Betrüger“: http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2016-05/pip-brustimplantate-berufungsprozess-urteil (aufgerufen am 21.04.2017)
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Implantatausweis. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.