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Schlaganfall ist akut lebensgefährdende Erkrankung und führt häufig zu Langzeitschäden




Schlaganfälle sind die dritthäufigste Todesursache in den westlichen Industrienationen. Nur Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und Tumorerkrankungen führen häufiger zum Tode. In den letzten Jahren gab es einige Fortschritte in der Therapie von Schlaganfällen. Zudem werden immer häufiger Spezialabteilungen und Schlaganfallstationen, sogenannte „stroke units“, eingeführt. Trotzdem bleiben Schlaganfälle eine Erkrankung, die viele Todesopfer einfordert und bei Überlebenden häufig zu Langzeitschäden führt.


Was sind Schlaganfälle, wie erkennt man sie und wie werden sie behandelt?


In der medizinischen Fachsprache gibt es für Schlaganfälle viele Bezeichnungen: Apoplexie, Apoplexia cerebri, Zerebraler Insult und immer häufiger das Englische „stroke“. All diese Begriffe beschreiben Erkrankungen unterschiedlicher Auslöser, deren Gemeinsamkeit eine Unterversorgung bestimmter Hirnbereiche mit Blut ist.


Das Gehirn eines Erwachsenen wiegt etwa 1,3 bis 1,5 Kilogramm und macht somit 2 – 2,5 Prozent des Gesamtkörpergewichts aus. Es benötigt viel Sauerstoff und Energie in Form von Traubenzucker (Glukose), sodass pro Minute etwa fünfzehn Prozent des gesamten Blutvolumens durch das Gehirn fließen. Kommt es zu einer Minderung dieser Blutmenge, zum Beispiel durch eine Hirnblutung oder einen Gefäßverschluss, nimmt das Hirn Schaden und man spricht von einem Schlaganfall.


Wie wirkt sich eine Minderdurchblutung auf das Gehirn aus?


Wenn die Durchblutung des Gehirns oder eines Hirnbereiches auf weniger als 30 Prozent des Normalwertes fällt, spricht man von einer relativen Minderdurchblutung (relative Ischämie). Solange die Ursache dieser Minderdurchblutung schnell behoben und ein normaler Blutfluss sichergestellt wird, sind bleibende Schäden bei einer relativen Ischämie selten. Während der Phase der Minderdurchblutung kann es allerdings zu Ausfällen von Hirnfunktionen (neurologische Ausfälle, neurologische Defizite) kommen.


Sinkt die Durchblutung auf weniger als fünfzehn Prozent des Normalwertes, so sprechen Mediziner von einer totalen Minderdurchblutung (totale Ischämie). Im Kerngebiet der Minderdurchblutung, der sogenannten Infarktzone, erleiden die Nervenzellen bleibenden Schaden. Im Randbereich der Infarktzone treten diese erst nach längerer Infarktdauer auf.


Sollte die Blutzufuhr des gesamten Gehirns unterbrochen sein, tritt bereits nach fünfzehn Sekunden Bewusstlosigkeit ein. Man geht davon aus, dass bleibende Schäden bereits nach einigen Minuten entstehen. Mehr als zehn Minuten ohne Durchblutung führen fast immer zum Hirntod.


Welche Arten von Schlaganfällen gibt es?


Schlaganfälle werden nach verschiedenen Kriterien eingeteilt. Man unterscheidet sie nach auslösenden Faktoren, nach betroffenen Hirnbereichen oder nach der Ausbildung der Symptome. Die häufigste Einteilung ist diejenige nach auslösenden Faktoren. Sie unterscheidet zwei Arten von Schlaganfällen:


  • Ischämische Schlaganfälle
  • Hämorrhagische Schlaganfälle

1) Ischämische Schlaganfälle

Bei den ischämischen Infarkten wird die Unterversorgung mit Blut durch einen Gefäßverschluss oder einen Ausfall des Herz-Kreislauf-Systems verursacht. Der häufigste Auslöser des Ischämischen Schlaganfalls ist ein arteriosklerotischer Verschluss von Hirngefäßen (Gefäßverkalkung).


2) Hämorrhagische Schlaganfälle

Diese Form des Schlaganfalls wird durch Blutungen im Gehirn verursacht, die dazu führen, dass Hirngebiete hinter der Blutung nicht mehr ausreichend versorgt werden. Der häufigste Auslöser des Hämorrhagischen Schlaganfalls ist eine sogenannte Hypertensive Massenblutung, bei der es zum Bluthochdruck-bedingten Einreißen von kleinen Hirngefäßen kommt.


Was sind die Symptome eines Schlaganfalls?


Durch die plötzliche Natur der Minderdurchblutung treten auch die Symptome eines Schlaganfalls rasch auf. Binnen weniger Minuten kommt es zu den charakteristischen neurologischen Ausfällen. Je nachdem, welches der großen Hirngefäße von dem Schlaganfall betroffen ist, sind auch bestimmte Hirnareale mehr oder weniger betroffen. Von diesen Arealen hängen die Symptome des Schlaganfalls ab.


Die drei großen Schlagadern (Arterien) im Gehirn sind:


  • Arteria cerebri anterior
  • Arteria cerebri media
  • Arteria cerebri posterior

Große Hirnarterie Mögliche Symptomatik
Arteria cerebri anterior Beinbetonte Lähmung einer Körperhälfte, Blasenstörungen
Arteria cerebri media Oberkörper-, Arm- und Gesichtsbetonte Lähmung einer Körperhälfte, Sprachstörungen
Arteria cerebri posterior Störungen in der Empfindung einer Körperhälfte, Störungen des Sichtfeldes

Tab.1: Hirnarterien und mögliche Symptome bei Schlaganfällen in diesem Gebiet


Bei Störungen im Stromgebiet der A. cerebri anterior kommt es zu einer teilweisen Lähmung einer Körperhälfte, die vor allem in den Beinen auftritt (beinbetonte Hemiparese). Dazu kommen Blasenstörungen (Harninkontinenz) und seltener auch Antriebsstörungen und Veränderungen im Verhalten. Infarkte der A. cerebri anterior sind selten.


Das Stromgebiet der A. cerebri media ist am häufigsten von Schlaganfällen betroffen. Die Lähmungserscheinungen treten vor allem am Oberkörper, in den Armen und im Gesicht auf und sind meist auf eine Körperhälfte beschränkt (brachiofaziale Hemiparese). Eine Schwäche der Gesichtsmuskulatur kann zum Beispiel durch einen herabhängenden Mundwinkel und eine verwaschene Sprache auffallen. Die Sprachzentren liegen ebenfalls im Stromgebiet der A. cerebri media, daher kann es zu Sprachstörungen oder Störungen im Sprachverständnis kommen.


Die A. cerebri posterior versorgt unter anderem Sehzentren im Gehirn. Ihr Ausfall führt deshalb zu Sehstörungen. Darüber hinaus kann es zu Empfindungsstörungen am gesamten Körper kommen.


Wie stellt der Arzt die Diagnose Schlaganfall?


Tritt eine akute Symptomatik auf, kann diese einen ersten Hinweis für einen Schlaganfall geben. Die Art der auftretenden Symptome lässt außerdem auf das betroffene Hirnareal schließen. Zudem wird der Arzt eine neurologische Untersuchung durchführen, um mögliche Ausfälle zu erkennen.


Hat der Arzt den Verdacht, es könne sich um einen Schlaganfall handeln, wird er schnellstmöglich eine bildgebende Untersuchung des Gehirns anordnen. Mittel der Wahl ist dabei die Computertomographie (CT), seltener kommt auch die Magnetresonanztomographie (MRT) zum Einsatz. Mit diesen Techniken können Ärzte erkennen, welches Gebiet von dem Schlaganfall betroffen ist und ob es sich um einen Ischämischen oder einen Hämorrhagischen Schlaganfall handelt. Zusätzlich wird ein Elektrokardiogramm (EKG) durchgeführt, um eine Beteiligung des Herzens auszuschließen, und Blut abgenommen, um die wichtigsten Blutwerte zu untersuchen (sogenanntes Standardlabor).


Sobald Ursache und Lokalisation des Schlaganfalls gefunden sind, wird die Therapie begonnen.


Wie wird ein Schlaganfall behandelt?


Das generelle Ziel der Schlaganfalltherapie ist es, das betroffene Gebiet möglichst klein zu halten und wenn möglich eine ausreichende Durchblutung zu gewährleisten.


Bei ischämischen Schlaganfällen wird versucht, den ursächlichen Gefäßverschluss zu beseitigen (rekanalisierende Therapie). Dazu werden dem Patienten Medikamente verabreicht, die Blutgerinnsel lösen. Zu diesen Medikamenten zählen unter anderem die Gewebsplasminogen-Aktivatoren (recombinant tissue plasminogen activator, rtPA). Zusätzlich werden die sogenannten Vitalparameter, also Blutdruck, Puls und Atemfrequenz, stabilisiert.


Darüber hinaus sollte eine Behandlung mit Aspirin erfolgen, da es die Zusammenlagerung von Blutplättchen hemmt und somit erneute Gefäßverschlüsse verhindern kann.


Bei hämorrhagischen Schlaganfällen kann keine rekanalisierende Therapie durchgeführt werden, da sie eine bestehende Blutung noch verschlimmern würde. Hier spielt die Kontrolle der Vitalparameter die wichtigste Rolle.


Gibt es Rehabilitationsmöglichkeiten nach einem Schlaganfall?


Etwa die Hälfte aller Patienten, die einen Schlaganfall überleben, benötigen eine stationäre Rehabilitationsbehandlung. Diese beinhaltet sowohl die Stabilisierung der Körperfunktionen nach dem Schlaganfall als auch eine aktive Physiotherapie der betroffenen Körpergebiete. Bei einigen Patienten kann hierdurch eine teilweise Funktionalität der betroffenen Regionen wieder erreicht werden. Sind Sprachzentren von dem Schlaganfall betroffen, kann außerdem eine logopädische Therapie helfen, Sprachproduktion und Sprachverständnis wiederherzustellen. Heutzutage gibt es in Krankenhäusern interdisziplinäre Schlaganfall-Rehabilitationsteams, die Patienten umfassend medizinisch, pflegerisch und unterstützend betreuen.


Kann man einem Schlaganfall vorbeugen?

Für das Auftreten eines Schlaganfalls wurden einige Risikofaktoren identifiziert. Zu den Wichtigsten zählen:


  • Bluthochdruck
  • Diabetes mellitus
  • Erhöhte Blutfette
  • Alkoholkonsum
  • Körperliche Inaktivität
  • Zigarettenrauchen

Die Behandlung eines Diabetes oder des Bluthochdrucks kann das Risiko eines Schlaganfalles senken. Ebenso kann dieses Risiko durch einen Verzicht auf Zigaretten und Alkohol oder eine Reduktion des Konsums erreicht werden. Auch Sport hilft, das Risiko eines Schlaganfalls zu verringern.


Der Schlaganfall ist eine schwerwiegende und akut lebensgefährdende Erkrankung. Deshalb ist es wichtig, seine Symptome schnell zu erkennen und bei Verdacht auf einen Schlaganfall direkt ein Krankenhaus aufzusuchen. In den ersten Stunden kann Betroffenen am effektivsten geholfen werden.


Quellen:

Hacke, W., Kaste, M., Olsen, T. S., Orgogozo, J. M., & Bogousslavsky, J. (2001). Empfehlungen der Europäischen Schlaganfall-Initiative zur Versorgung und Behandlung des Schlaganfalls. Intensivmedizin und Notfallmedizin, 38(6), 454-470. Link: http://link.springer.com/article/10.1007/s003900170043#page-1 (Abstract, voller Text nur mit speziellem Zugang abrufbar, aufgerufen am 26.02.16


Krzovska, M. Neurologie. Basics. 2005.


Diener, H. C., & Weimar, C. (2013). Die neue S3-Leitlinie „Schlaganfallprävention “der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft. Psychopharmakotherapie, 20, 58-65. Link: https://www.aerztekammer-bw.de/10aerzte/20fortbildung/20praxis/88arzneimitteltherapie/1302ppt.pdf, aufgerufen am 26.02.16


Party, I. S. W. (2012). National clinical guideline for stroke. Link: http://bsnr.org.uk/wp-content/uploads/2014/05/national-clinical-guidelines-for-stroke-fourth-edition.pdf, aufgerufen am 26.02.16




Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Schlaganfall. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.

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