Eine drastische Beitragserhöhung der privaten Krankenversicherer kündigte sich bereits 2015 an. Seit dem 01. Januar 2017 sind viele Tarife teurer geworden. Die Versicherer begründen die Erhöhung der Beiträge mit der aktuellen Niedrigzinsphase. Aber auch die steigende Lebenserwartung und die verbesserte medizinische Versorgung sind Faktoren, die diese Entwicklung begünstigt haben. Im Schnitt sind die Beiträge um 11 Prozent gestiegen. Einige Versicherte mussten allerdings auch Steigerungen von bis zu 30 Prozent in Kauf nehmen. Ein Anbieterwechsel anlässlich der Beitragserhöhungen lohnt sich dennoch meist nicht. Stattdessen können ein Tarifwechsel oder Leistungskürzungen mit der PKV vereinbart werden.
Die Beiträge der PKV werden nach dem Äquivalenzprinzip kalkuliert. Das bedeutet, dass die gezahlten Beiträge den empfangenen Leistungen entsprechen müssen. Dabei geht es nicht um die Beiträge eines einzelnen Versicherten; relevant für die Kalkulation ist die Summe der eingezahlten Beträge eines Kollektivs von Versicherten einer Altersgruppe. Erkrankt einer dieser Versicherten, bedeutet das nicht automatisch, dass seine Beiträge sich erhöhen. Verschlechtert sich aber der Gesundheitszustand des Kollektivs im Durchschnitt, kommt es zu einer Beitragsanpassung. Dasselbe geschieht aber auch, wenn die Ausgaben für die medizinische Versorgung des Kollektivs sinken; in diesem Fall sinken die Beiträge ebenfalls.
Lange Zeit spielte auch das Geschlecht für die Beitragsbemessung eine wichtige Rolle. Die Lebenserwartung von Frauen ist gegenüber der von Männern leicht erhöht; gleichzeitig nehmen Frauen mehr medizinische Leistungen in Anspruch. Daher waren Tarife für Frauen noch bis vor einigen Jahren etwas teurer als Tarife für Männer. Seit dem 21. Dezember 2012 müssen Versicherer allerdings die Beiträge von Neuversicherten ohne Einbeziehung des Geschlechts kalkulieren und sogenannte Unisex-Tarife anbieten.
Alter und Gesundheitszustand bei Versicherungsbeginn spielen dagegen durchaus eine Rolle für die Beitragskalkulation. Bei Vorerkrankungen und erheblichen Gesundheitsrisiken dürfen private Versicherer die Aufnahme des Anwärters in die Versicherung verweigern. Nur bei Neugeborenen greift diese Regelung nicht: Ist ein Elternteil seit mindestens drei Monaten Mitglied in der PKV, muss derselbe Versicherer das Kind ohne Risikozuschläge aufnehmen, sofern der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach der Geburt eingereicht wird.
Schließlich richtet sich die Höhe der Beiträge nach dem Umfang der Leistungen – Einbettzimmer, Chefarztbehandlung, Zuschuss bei Zahnersatz oder alternative Heilverfahren kosten in der Regel extra.
Die PKV Beitragserhöhung kündigt sich schon seit vielen Jahren an. Das liegt daran, dass die Ausgaben der privaten Versicherer sich nicht mehr mit der Höhe der gezahlten Beiträge decken. Die PKV kalkuliert ihre Ausgaben im Vorhinein. Werden diese um mehr als 10 Prozent überschritten, wird die Kalkulation von Mathematikern noch einmal gründlich überprüft, bevor die Beiträge angepasst werden. Dass die Ausgaben sich nicht mehr mit den Einnahmen decken, hat mehrere Gründe. Zum einen liegt es an der aktuellen Niedrigzinsphase. Die Versicherer investieren ihr Kapital, um damit Gewinn zu erwirtschaften. Der erwartete Gewinn fließt mit in die Beitragskalkulation ein. Kann er nicht erwirtschaftet werden, wird die Kalkulation angepasst. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung der Versicherten und der medizinische Fortschritt ermöglicht bessere Behandlungen bei vielen Erkrankungen. Diese Behandlungen sind allerdings häufig kostspielig und müssen von den Versicherungen bezahlt werden. So kommt es schließlich zu einer Beitragserhöhung.
Die Versicherten wurden im November 2016 über die Beitragserhöhungen informiert. Das betraf etwa zwei Drittel der Privatversicherten, also ungefähr sechs Millionen PKV-Mitglieder. Im Schnitt erhöhen sich die Beiträge um 11 Prozent. Manche Versicherer greifen allerdings tiefer in die Taschen ihrer Kunden und steigern die Beitragszahlungen um bis zu 30 Prozent. Für einige Privatversicherte bedeutet das 50 bis 100 Euro zusätzliche Kosten im Monat. Andere Versicherer dagegen garantieren ihre Kunden konstante Beiträge bis zum 01.01.2018. Einige wenige Anbieter konnte ihre Beiträge sogar senken. Eine geringfügige Beitragsanpassung von Zeit zu Zeit ist durchaus üblich; 2017 aber müssen sich PKV-Mitglieder im Schnitt mit deutlich höheren Kosten für ihre Krankenversicherung abfinden.
Ein Anbieterwechsel lohnt sich meist eher nicht. Wird ein Antrag auf Aufnahme in eine private Versicherung gestellt, muss der Antragsteller einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Sein Alter und sein aktueller Gesundheitszustand spielen eine wichtige Rolle für die Risikokalkulation des Versicherers und damit für die Berechnung der Beiträge. Bei jedem Anbieterwechsel wird diese Kalkulation erneut durchgeführt. Im schlimmsten Fall kann der Antrag sogar abgelehnt werden. Mit gestiegenem Lebensalter ist unweigerlich mit höheren Beiträgen zu rechnen.
Darüber hinaus können die sogenannten Altersrückstellungen nicht oder nur mit erheblichen Verlusten zum neuen Anbieter mitgenommen werden. Die private Krankenversicherung kalkuliert ihre Beiträge so, dass sie über die gesamte Dauer der Versicherung konstant bleiben können. Im Alter steigen allerdings die Kosten für die medizinische Versorgung. Deshalb wird ein Teil der Beiträge angespart, um diese Kosten zu decken. Diesen Sparanteil nennt man Altersrückstellungen.
Ein Anbieterwechsel lohnt sich demnach nur für junge und gesunde PKV-Mitglieder. Die Frist für das Sonderkündigungsrecht ist allerdings inzwischen in den meisten Fällen verstrichen. Nachdem der Versicherer über die Beitragserhöhung informiert hat, bleiben dem Versicherten zwei Monate, um zu kündigen. Das Versicherungsverhältnis endet dann, sobald die Beitragserhöhung in Kraft tritt. Um zu kündigen, müssen Versicherte der PKV übergangslos zu einem neuen Anbieter wechseln, andernfalls ist die Kündigung unwirksam.
Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen plädieren die privaten Krankenversicherer immer wieder für eine Lockerung der Gesetzgebung für Beitragsanpassungen. Während die CDU sich für die Forderung ausspricht, blockiert die SPD eine solche Gesetzesänderung. Stattdessen fordern die Sozialdemokraten die Einführung einer Bürgerversicherung, also eines deutschlandweit einheitlichen Versicherungstarifs, den alle gesetzlichen und privaten Versicherer anbieten müssen. Die Beiträge sollen einkommensabhängig berechnet werden. Es soll jedem Bürger aber freistehen, Zusatzversicherungen abzuschließen. Mit der Bürgerversicherung soll das duale System, das auch Zwei-Klassen-System genannt wird, abgeschafft und durch ein einheitliches, soziales Versicherungssystem ersetzt werden. Die privaten Versicherer warnen allerdings vor der Bürgerversicherung. Ein Einheitssystem verschlechtere die medizinische Versorgung und schränke die Freiheit der Versicherten ein, heißt es auf der Website des Verbands der Privaten Krankenversicherungen.
Gerlof, H., Fricke, A., „Tag drei mit Schulz – SPD setzt auf Gesundheit“: http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/article/928667/buergerversicherung-tag-drei-schulz-spd-setzt-gesundheit.html (aufgerufen am 29.03.2017)
Verband der Privaten Krankenversicherung, „Die Beitragskalkulation in der PKV“: https://www.pkv.de/themen/krankenversicherung/die-beitragskalkulation-in-der-pkv/wie-werden-die-beitraege-in-der-pkv-kalkuliert/ (aufgerufen am 29.03.2017)
Verband der Privaten Krankenversicherung, „Vorsicht Bürgerversicherung“: https://www.pkv.de/themen/krankenversicherung/buergerversicherung/ (aufgerufen am 29.03.2017)
Verband der Privaten Krankenversicherung, „Warum bekomme ich eine Beitragserhöhung?“: https://www.pkv.de/themen/krankenversicherung/so-funktioniert-die-pkv/warum-bekomme-ich-eine-beitragserhoehung/ (aufgerufen am 29.03.2017)
Verband der Privaten Krankenversicherung, „Wie funktioniert eine Beitragsanpassung in der PKV?“: https://www.pkv.de/themen/krankenversicherung/die-beitragskalkulation-in-der-pkv/wie-funktioniert-eine-beitragsanpassung-in-der-pkv/ (aufgerufen am 29.03.2017)
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema PKV-Beitragserhöhung. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.