Der Morbus Crohn, häufig auch als „Crohn’s Disease“ (Crohn’sche Erkrankung) bezeichnet, ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung. Zusammen mit der Colitis Ulcerosa zählt er zu den wichtigsten Erkrankungen dieser Gruppe. In Deutschland leiden etwa 150 von 100.000 Einwohnern an dieser chronisch verlaufenden Erkrankung, für die kein Heilmittel bekannt ist. In den letzten zwanzig Jahren hat sich eine steigende Tendenz der Erkrankungszahlen gezeigt. Deshalb ist ein genaues Verständnis der Erkrankung und ihrer Symptome von großer Bedeutung, um die Beschwerden von Betroffenen zu lindern und den Leidensdruck zu senken.
Morbus Crohn ist eine entzündliche Darmerkrankung. Durch eine Kombination von genetischer Veranlagung und Umwelteinflüssen kommt es zu einer Fehlregulation im Immunsystem des Magen-Darm-Trakts. Man geht davon aus, dass sich das Immunsystem beim Morbus Crohn gegen die eigene Darmflora und zum Teil auch gegen eigene Körperzellen richtet (Autoimmunität). Auch in einem gesunden Magen-Darm-Trakt gibt es Immunzellen, die dauerhaft in Bereitschaft sind, um auf mögliche schädliche Einflüsse zu reagieren. Dringen krankmachende Erreger (sog. Pathogene) in den Körper ein, können diese „Bereitschaftszellen“ schnell auf die Gefahr reagieren und sie unschädlich machen. Beim Morbus Crohn geht man von Fehlern in dieser Regulation von Immunzellen aus, die dazu führen, dass die Immunzellen auch ohne einen Reiz von außen aktiv werden und Entzündungsprozesse im Magen-Darm-Trakt auslösen.
Der Morbus Crohn kann den gesamten Magen-Darm-Trakt, von der Speiseröhre bis zum After, befallen. Bei etwa 35 Prozent der Patienten ist nur der Dünndarm betroffen, bei 50 Prozent sind Dünn- und Dickdarm von der Entzündung befallen.
Die Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes, die Mediziner als Mukosa bezeichnen, besteht aus mehreren Schichten. Beim Morbus Crohn durchbrechen die Entzündungsherde alle Schichten der Schleimhaut. Oft sind große Teile des Dünn- und Dickdarms betroffen, die Entzündung ist jedoch nicht durchgängig, sondern auf einige nebeneinanderliegende Stellen beschränkt. Deshalb hat man dieses Entzündungsbild als „Pflasterstein-Muster“ bezeichnet. Im Englischen werden die Entzündungsherde oft als „skip lesions“, also „überspringende Läsionen“, bezeichnet.
Durch die vermehrten Entzündungen kommt es zu einem Umbau der Schleimhaut, die in Teilen durch Bindegewebe ersetzt wird. Dieser von Medizinern als Fibrosierung bezeichnete Prozess kann dazu führen, dass Darmabschnitte sich verengen und für Nahrung undurchlässiger werden. Dadurch kommt es zu häufigen Verstopfungen. In schlimmen Fällen kann sich ein Darmabschnitt komplett verschließen, was eine sofortige Operation nötig macht.
Das wichtigste Symptom des Morbus Crohn sind Bauchschmerzen. Am häufigsten treten diese Schmerzen im rechten Unterbauch auf. Dort liegt der Krummdarm (Ileum), ein Teil des Dünndarms in dem es beim Morbus Crohn häufig zu Entzündungen kommt. Die Schmerzen sind meist nach dem Essen am stärksten. Zusätzlich zu den Schmerzen kommt es häufig zu Durchfällen, mitunter auch zu Blutbeimischungen im Stuhlgang. Neben diesen Hauptsymptomen können auch Übelkeit, Erbrechen und Fieber auftreten.
Die Symptome des Morbus Crohn treten fast immer in sogenannten Schüben auf. Nach einem plötzlichen Beginn kommt es über eine bis mehrere Wochen zum vermehrten Auftreten der Symptome, die dann nach und nach wieder abklingen.
Diese Schübe führt man auf die Entzündung des Magen-Darm-Traktes zurück, die oft nach einiger Zeit von selbst ausheilt.
Bei vielen Morbus-Crohn-Patienten treten auch Beschwerden an anderen Körperteilen auf. Am häufigsten sind Gelenke betroffen, die sich schmerzhaft entzünden können. Außerdem kann es zu Hautveränderungen in Form des sogenannten Erythema nodosum kommen. Dabei handelt es sich um eine durch Entzündung des Unterhautfettgewebes ausgelöste rundliche Rötung entlang der Schienbeine.
Der größte Risikofaktor für das Auftreten von Krebserkrankungen des Magen-Darm-Traktes bei Morbus Crohn ist eine lange Krankheitsdauer und eine starke Krankheitsausprägung. Auch das Auftreten von Darmverschlüssen und anderen Komplikationen erhöht das Risiko für eine Krebserkrankung. Deshalb ist eine gute Behandlung der Symptome von großer Bedeutung.
Der Morbus Crohn wird medikamentös und chirurgisch behandelt.
Die medikamentöse Therapie des Morbus Crohn ist eine sogenannte Stufentherapie. Je nach Schwere der Erkrankung wird auf bestimmte Gruppen von Medikamenten zurückgegriffen, die verschiedene Wirkmechanismen und Wirkstärken und entsprechende Nebenwirkungen besitzen.
Das wichtigste Medikament in der Therapie des Morbus Crohn ist die sogenannte 5-Aminosalicylsäure. Medikamente mit diesem Inhaltsstoff hemmen die Produktion von Entzündungsbotenstoffen und senken die Überaktivität des Immunsystems im Magen-Darm-Trakt. So helfen sie, Krankheitsschübe zu lindern und das Auftreten der Schübe zu reduzieren.
Glukokortikoide, zu denen zum Beispiel das Kortisol zählt, sind entzündungshemmende Medikamente. Sie reduzieren die Aktivität des Immunsystems und können sogar in Fällen, in denen eine Therapie mit 5-ASA keine Wirkung zeigt, helfen. Bei 70 Prozent der Patienten mit moderatem bis schwerem Morbus Crohn führen Glukokortikoiden zu einer Besserung der Schübe.
Diese Wirkstoffe kommen zum Einsatz, wenn der Morbus Crohn bereits mit Glukokortikoiden behandelt wird und es trotzdem zu Krankheitsschüben kommt. Beide Medikamente hemmen auf unterschiedliche Weise die Funktion des Immunsystems und helfen so, die Entzündung des Magen-Darm-Traktes einzudämmen. Durch die starke Wirksamkeit dieser Medikamente kommt es allerdings auch häufiger zu Nebenwirkungen. Zu den bedeutendsten zählen häufige Infektionen, Erbrechen, Übelkeit und Störungen der Blutbildung.
Eine neue Möglichkeit der Therapie von Morbus Crohn stellen die Antikörper dar. Es handelt sich um Proteine, die zielgerichtet an bestimmte Strukturen oder Botenstoffe im Körper binden können und deren Wirkung somit gezielt beeinflussen. Die Antikörper, die bei der Therapie von Morbus Crohn Einsatz finden, richten sich gegen den Entzündungsbotenstoff TNF-alpha, der von vielen Zellen des Immunsystems produziert wird. Durch die Bindung des Botenstoffes kann dieser seine entzündungsfördernde Wirkung nicht mehr entfalten.
Cyclosporine sind sehr wirksame Hemmer des Immunsystems. Sie bilden die letzte Stufe der Therapie des Morbus Crohn, wenn andere Therapieversuche vergeblich waren. Durch die starke Wirkung der Cyclosporine ergeben sich auch starke Nebenwirkungen. Die bedeutendste Nebenwirkung ist eine Schädigung der Nieren. Tritt eine solche Schädigung auf, sollte die Therapie mit Cyclosporinen abgebrochen werden.
Chirurgische Therapie des Morbus Crohn: Fast alle Morbus-Crohn-Patienten benötigen einmal im Laufe ihres Lebens eine Operation. Mit zunehmender Krankheitsdauer und –stärke steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine operative Entfernung eines betroffenen Darmabschnittes nötig wird. Chirurgen versuchen, möglichst kleine Darmabschnitte zu entfernen, um die Folgen der Operation gering zu halten. Bei starker Entzündungsaktivität kann es allerdings sein, dass ein größerer Darmabschnitt entfernt werden muss.
Morbus Crohn hat einen großen Einfluss auf die Lebensqualität der Betroffenen. Viele Patienten fühlen sich durch das unregelmäßige Auftreten der Schübe verunsichert und befürchten, dass Operationen des Magen-Darm-Traktes nötig werden. Gerade deshalb ist eine enge Kooperation von Ärzten und Patienten wichtig, um eine möglichst umfangreiche Behandlung der Beschwerden zu erreichen und Fragen und Ängste von Seiten der Patienten ausführlich klären zu können.
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Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Morbus Crohn. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.