Scharlach gehört bis heute zu den häufigsten Kinderkrankheiten. Auch wenn die Sterblichkeit in den letzten Jahrzehnten erheblich zurückgegangen ist, sollte die Infektion mit dem Scharlach-Erreger nicht unterschätzt werden. Derzeit erkranken in Deutschland 60 Personen pro 100.000 Einwohner pro Jahr an Scharlach. Gefährlich ist dabei in den meisten Fällen nicht die akute Infektion, sondern mögliche Folgeerkrankungen.
Einer Scharlach-Erkrankung liegt die Infektion mit Streptococcus pyogenes zu Grunde. Streptokokken sind eine sehr heterogene Gruppe von Bakterien. Viele sind für den Menschen ungefährlich und gehören zur bakteriellen Flora der Schleimhäute. Nichtsdestotrotz gibt es unter ihnen wenige, aber wichtige menschenpathogene Keime. Dazu zählen Gruppe A Streptokokken, darunter auch Streptococcus pyogenes.
Die Ansteckung erfolgt hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion oder durch direkten Kontakt mit einem akut Erkrankten. In seltenen Fällen kann die Ansteckung auch über kontaminierte Lebensmittel oder Wasser erfolgen. Die Infektion tritt am häufigsten in den Wintermonaten auf. Die Inkubationszeit bis zum Auftreten der ersten Symptome beträgt ein bis drei Tage.
Die Krankheitssymptome beim Scharlach beginnen abrupt. Neben einem beeinträchtigten Allgemeinbefinden, Erbrechen und hohem Fieber können im frühen Stadium flüchtige Gelenkbeschwerden auftreten. Zum Krankheitsbild gehört im Frühstadium außerdem die Angina tonsillaris, die sich durch Halsschmerzen und Schluckbeschwerden äußert. Die Schluckbeschwerden werden durch eine Entzündung des Rachens oder der Mandeln hervorgerufen. Die Mandeln sind angeschwollen und mit weißlichen Eiterflecken (Stippchen) belegt.
Innerhalb von 48 Stunden nach Krankheitsbeginn entwickelt sich der für Scharlach typische Ausschlag. Der Ausschlag besteht aus kleinen, erhabenen Flecken, die zuerst blass sind und später gerötet. Am deutlichsten ist der Ausschlag meistens in der Leistengegend und in anderen Gelenkbeugen. Ansonsten breitet er sich im Kopf-Hals-Bereich aus und findet sich auch am Körperstamm sowie Armen und Beinen. Die Hand- und Fußflächen bleiben dabei aber ausgespart.
Charakteristisch ist, dass die Wangen gerötet sind, aber der Bereich um den Mund blass bleibt (periorale Blässe). Die Zunge ist zunächst belegt und im Anschluss zeigt sich die typische rote Himbeerzunge.
Der Ausschlag verblasst nach etwa einer Woche und geht in ein Abschuppen der Haut über, die besonders Hand- und Fußflächen betrifft.
Scharlach ist meist bereits eine Blickdiagnose. Der typische Ausschlag in Kombination mit starken Halsschmerzen und abrupt beginnendem Fieber sind für die Diagnose entscheidend. Im Zweifel ist aber auch ein sofortiger Nachweis des Erregers (Gruppe A Streptokokken) nach einem Abstrich im Schnelltest oder eine kulturelle Anzucht der Bakterien möglich. Bei der Blutuntersuchung zeigen sich meist erhöhte Entzündungswerte.
Eine Erkrankung an Scharlach sollte in jedem Fall antibiotisch mit Penicillin behandelt werden, um mögliche Folgeerkrankungen einer Streptokokken-Infektion zu verhindern. Das Mittel der ersten Wahl ist dabei Penicillin V, das in Tablettenform verabreicht wird. Resistenzen der Streptokokken-Stämme gegen Penicillin sind sehr selten. Bei Penicillinallergie oder dem seltenen Fall eines gegen Penicillin resistenten Keims können andere Antibiotika wie Cephalosporine oder Erythromycin eingesetzt werden.
Das Ziel der antibiotischen Therapie besteht darin, Streptokokken-assoziierte Folgeerkrankungen vorzubeugen und verkürzt zudem die Ansteckungsdauer. Bereits nach 24-stündiger antibiotischer Behandlung besteht keine Infektiosität mehr. Dennoch ist die Behandlung in jedem Fall für mindestens 10 Tage fortzusetzen. Bei kürzerer Behandlungsdauer steigt die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs und möglicher Folgeerkrankungen der Streptokokken-Infektion.
Scharlach zählt zu den klassischen Kinderkrankheiten. Die meisten infizieren sich während ihrer Kindheit einmal und entwickeln dann eine Immunität gegen den Erreger. Es kann in selteneren Fällen aber auch im Erwachsenenalter zu einer Ansteckung mit Scharlach kommen, hauptsächlich, wenn als Kind keine Infektion stattgefunden hat.
Das Scharlachexanthem wird durch Toxine hervorgerufen, die von den Streptokokken produziert werden. Es gibt insgesamt drei verschiedene Toxine: Spe-A, Spe-B und Spe-C. Je nach dem, welcher Stamm von Streptococcus pyogenes für die Infektion verantwortlich ist, wird eines dieser Toxine ausgeschüttet. Gegen den Erreger und das entsprechende Toxin entwickelt das menschliche Immunsystem nach Erstinfektion eine Immunität. Da es aber insgesamt drei Arten von Toxinen gibt, ist theoretisch bis zu drei Mal eine Scharlach-Infektion möglich.
Die Symptome bei Erwachsenen entsprechen denen bei Kindern. Auch für Erwachsene empfiehlt sich das Aufsuchen eines Arztes und die antibiotische Therapie. Vorsicht ist geboten bei Personen mit Vorerkrankungen wie Niereninsuffizienz, für die mögliche Folgeerkrankungen des Streptokokken-Infektes besonders gefährlich sein können. Hierbei kann auch eine prophylaktische Behandlung mit Penicillin bei Kontakt mit Infizierten vorgenommen werden.
Die konsequente Penicillin-Therapie ist wichtig, da sie vor allem der Verhinderung von Komplikationen dient. Die verschiedenen Streptokokken-Stämme sind unterschiedlich gefährlich, je nach dem, welches Toxin sie produzieren. Spe-A ist dabei das potenteste und damit gefährlichste Toxin.
Der Rückgang der Sterblichkeit nach Scharlach-Infektion liegt nicht nur in der Entdeckung des Penicillins 1928 und der seitdem möglichen gezielten antibiotischen Therapie. Hinzu kommt auch, dass die Infektion mit Streptokokken, die Spe-A bilden, seltener wurde und stattdessen häufiger Infektionen mit Spe-B- und C-Bildnern erfolgten, welche mildere Verlaufsformen der Erkrankung insbesondere im Hinblick auf Spätkomplikationen nach sich ziehen.
Eine gefürchtete Folgeerkrankungen durch eine Infektion mit Gruppe-A-Streptokokken ist die akute Glomerulonephritis. Es kommt dabei zur Ablagerung von Immunkomplexen in der Niere. Deswegen wird diese Erkrankung auch als Immunkomplex-Nephritis bezeichnet. Die dabei in der Niere ablaufende Entzündungsreaktion kann die Niere schädigen und im schlimmsten Fall eine chronische Niereninsuffizienz zur Folge haben. Die Nephritis tritt ca. 10 Tage nach der Beginn der Scharlach-Erkrankung auf.
Eine weitere Komplikation nach einer Racheninfektion mit Streptococcus pyogenes ist das akute rheumatische Fieber, das allerdings hierzulande selten auftritt. Die Ursache für das rheumatische Fieber liegt zum einen in direkten toxischen Effekten der Erreger und zum anderen in Kreuzreaktionen zwischen Proteinantigenen der Streptokokken und Proteinen im Herzen, in Gelenken und in Nervengewebe. Zu der Symptomtrias des rheumatischen Fiebers gehören die Arthritis, die Entzündung des Herzens (Pankarditis) und die Chorea minor. Dabei handelt es sich um einen Wechsel von Erschlaffen der Muskeln und einer verstärkten Muskelkontraktion, was zu unwillkürlichen zuckenden Bewegungen führt. Sollte es nach einer Streptokokken-Infektion zum Rheumatischen Fieber kommen, wird die Therapie ebenfalls mit Penicillin begonnen. Zusätzlich kommen entzündungshemmende und immunsuppressive Substanzen zum Einsatz. Um ein Rezidiv zu verhindern, erfolgt für mindestens fünf Jahre einmal im Monat eine Injektion mit einem Depot-Penicillin sowie lebenslang vor medizinischen Eingriffen eine prophylaktische Antibiose.
Eine Schutzimpfung gegen Streptococcus pyogenes existiert bislang nicht. Ohne spezifische Behandlung können Patienten mit einer akuten Streptokokken-Infektion bis zu drei Wochen ihre Infektion auf andere übertragen. Deswegen sind das Erkennen der Infektion und die zügige antibiotische Therapie essentiell, um die Ansteckung weiterer Personen zu verhindern. Da der Erreger weit verbreitet ist und besonders enges Zusammenleben (z.B. in Kindergärten, Schulen etc.) die Ausbreitung begünstigt, sind hygienische Maßnahmen wie Händewaschen wichtig. Außerdem sieht das Infektionsschutzgesetz vor, dass an Scharlach erkrankte Personen keine Gemeinschaftseinrichtungen besuchen dürfen (weder als Betreuer noch als Betreute), bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung durch die Person nicht mehr zu befürchten ist.
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Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Scharlach. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.